Obama Transatlantic Relations

Berlin, Berlin, wir fuhren nach Berlin!

Obama '08. Photo by Staněky @flickr.  License: Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic

Es ist Wochenende (noch). Daher habe ich sogar Zeit, diesen Beitrag zu schreiben (ok – ich habe ihn zumindest am Wochenende (Update: letztes!) angefangen). Aber Barack Obama hingegen hat eigentlich keine Wochenenden mehr. Er ist immer unterwegs, Wahlkampf nonstop, taugaus tagein. Dieser Wahlkampf hat ihn letzte Woche bekanntlich ja sogar nach Deutschland geführt, man konnte es ja gar nicht verpassen. Aber was hat seine Reise Obama gebracht? Eine kleine Nachbetrachtung.

Eine Mischung aus Dalai Lama und Johnny Depp

So hat die geschätzte Maureen Dowd Obama unter dem Eindruck des Obamafests an der Siegessäule in Berlin ganz treffend bezeichnet. Obwohl es zu bezweifeln ist, dass ein gemeinsamer Auftritt dieser beiden auch 200.000 Obamaniacs angezogen hätte. Dazu hätten dort wohl noch der Papst, Brangelina und Mario Barth (der hat ja immerhin 70.000 Leute in ein Stadion gekriegt, warum auch immer) eintreffen müssen.

Hysterie in Deutschland

Ja, da oben steht es. Hysterie. Hype. War es – ein bisschen jedenfalls, mindestens. In Deutschand. Obamamania pur. Obama auf allen Titelbildern. Obama live auf allen Sendern (bei n-tv manchmal anscheinend mit unfreiwilliger Komik, es folgte die Reportage „Was ist drin in der Weißwurst?“… und hat Antonia Rados wirklich behauptet, Obama sei Muslim?Wechselt sie dann jetzt bald zu FOXNews?). Obama halt irgendwie überall. Immer auf seine Fersen zudem der riesige amerikanische Medientross. Und alle wollen was von ihm. Vor allem eine junge Bild-Reporterin, die Obama ganz zufällig im Fitnessraum des Ritz Carlton trifft und dabei ob seiner maskulinen Ausstrahlung fast in Ohnmacht fällt („Mir wird heiß.“). Knallharter investigativer Journalismus. Ein paar amerikanische Blogs freuten sich über die Story und die peinlichen Fotos. Obama nicht: „Ich wurde reingelegt.“

People of the World, Look at Me

Aber was hat sich Obama eigentlich von dieser Reise erwartet? Wollte er sein Profil aus Außenpolitiker schärfen? Oder vielleicht doch nur im Borcherts essen? Sich noch einmal ordentlich bejubeln lassen? Immerhin pilgerten ja 200.000 (manche behaupten hier sei eine Null zuviel im Spiel) zur Siegessäule, um seiner Rede zu lauschen (hier gibts einen minutiösen Bericht von der Fanmeile). Er schenkte dem Publikum und der Medienmeute eine nette, präsidiale Rede ohne Überraschungen, dafür mit ein paar schönen Metaphern und Aussagen (die ganze Rede gibt es hier), und ganz Berlin freute sich über die Anerkennung des in ihren Augen nächsten Präsidente: „People of Berlin – people of the world – this is our moment. This is our time.“ Und hier und da liess er dann auch wie erwartet anklingen, dass die von ihm gewünschte tiefe Partnerschaft auch (militärische) Pflichten im Irak und in Afghanistan mit sich bringt.

Aber eigentlich hoffte Obama vor allem auf die Macht der Bilder. Abgesehen von den Amerikanern im Publikum waren die Besucher daher vor allem eins: eine eindrucksvolle Kulisse für die eigentlich Zielgruppe – und die saß in den USA vorm Fernseher.

Johnny allein zu Haus

Und genau das schien auch John McCain zu stören, der auf sich auf der anderen Seite des Atlantiks grob vernachlässigt fühlte und um Aufmerksamkeit heischte. Folgerichtig kritisierte er, dass Obama bereits sich bereits arroganterweise als zukünftiger Präsident stilisiere – und das auch noch im Ausland. Er hingegen kümmere sich lieber um die Amerikaner als um die, mit den Worten eines seiner Sprecher, „kriecherischen Deutschen.“ Zur Verdeutlichung folgte daher gleich dieser Clip.

Was hat der Auftritt in Berlin gebracht?
Tolle Bilder. Schöne Worte. Verzückte Anhänger. Noch ein höheres Ansehen in Europa. So würde Obama, wenn die Deutschen den denn nächten US-Präsidenten wählen könnten, einen Stimmenanteil wie die SED bei den freien Wahlen in der DDR bekommen. Aber das nützt ihm nichts an der Heimatfront. Dort interessieren die transatlantischen Beziehungen den Durchschnittswähler nicht. Eine zu enge Beziehung zu Europa kann ihm in einigen Wählergruppen sogar schaden. Es gab zwar einen riesigen Medienbohei und auch ein paar Punkte für das außenpolitische Profil, aber in den amerikanischen Meinungsunfragen schlug die Weltreise nicht positiv zu Buche. Aber auch nicht negativ, da McCaine es momentan schafft, bezüglich seiner außenpolitischen Kompetenzvon einem Fettnäpfchen ins nächste zu springen.

Foto: „Obama ’08“ by Staněky

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