2012 Obama Wahlkampf

Energiepolitik im US-Wahlkampf: Vorwärts in die Vergangenheit.

von Anatol Itten

Nach der verheerenden Dürre, die die USA diesen Sommer heimgesucht hat, könnte man denken, dass der Klimawandel zumindest ein wichtiger Diskussionspunkt im US-Wahlkampf ist. Falsch gedacht. Die USA ist meilenweit davon entfernt, die Energiewende so voranzutreiben, wie das beispielsweise in Deutschland zu beobachten ist. Der republikanische Herausforderer Mitt Romney hat vergangene Woche seine Eckpunkte im Bereich Energiepolitik bei einem Wahlkampfauftritt in New Mexico vorgestellt. In seinem White Paper wird der Klimawandel jedoch in keinem Satz erwähnt und es mangelt an Visionen für die Zukunft. Der Blick ist vielmehr rückwärtsgerichtet: Gas- und insbesondere die Öl-Förderung sollen weiter ausgebaut, deren Bewilligungsverfahren beschleunigt und Moratorien, wie im Golf von Mexiko nach der BP-Katastrophe, aufgehoben werden. Die Washington Post hat in einer kurzen Analyse die Konsequenzen von Romneys Energiepolitik dargestellt.

Aber auch Präsident Barack Obama ist stark von seinem Fokus auf Erneuerbare Energien abgerückt und verfolgt bis auf ein paar Wahlkampfaktionen in windenergiereichen Staaten, wie Colorado oder Iowa, einen gesamtheitlichen Ansatz, in der jegliche Form der Energieproduktion ihren Platz findet – also auch mit allen konventionellen Energieträgern.

Dieser Strategiewechsel hat einerseits damit zu tun, dass mit leeren Staatskassen und einem republikanisch dominierten House of Representatives nur schwierig Gesetze zur Förderung Erneuerbarer Energien zu verabschieden sind. Doch es gibt noch einen anderen Grund: Die USA erfahren dank neuer Fördertechnologien im Moment einen regelrechten Schiefergas-Boom. Schiefergas wird aus Gesteinsschichten entzogen, unter anderem mit Einsatz von Hydraulik, Sand und Chemikalien (Fracking) und nimmt in den USA inzwischen bereits ein Viertel der gesamten Gasförderung ein, Tendenz steigend. Der Verkaufspreis ist vergleichsweise billig und die Vorkommnisse werden laut Experten auf ca. 100 Jahre geschätzt.

Dieser anhaltende Boom bedeutet eine Wende im amerikanischen Energiemarkt und beeinflusst zunehmend auch den Weltmarkt. Obwohl die Anwendungsgebiete, -bereiche und -technik wie in Deutschland auch in den USA nicht unumstritten sind, haben sowohl Demokraten wie Republikaner erklärt, dass diese Art der Gasförderung für die Ziele der amerikanischen Energie- und Wirtschaftspolitik von zentraler Bedeutung ist. Die Gesetzgebung hinkt der Entwicklung allerdings hinterher. Zwar haben die amerikanische Agentur für Umweltschutz und das Innenministerium vor kurzem erste Regeln für die Durchführung von Fracking aufgestellt, dieser Geltungsbereich beschränkt sich allerdings auf bundesstaatliches Gebiet. Das Gros der Schiefergas- Föderungen findet jedoch auf privaten Grundstücken statt, die nur durch die föderale Ebene reguliert werden. Bisher haben aber nur wenige Staaten die Initiative ergriffen, ebenfalls Regelungen zu erlassen. Es herrscht also in den meisten Gebieten eine Goldgräber-Stimmung. Zusammen mit dem konventionellen Erdgas wird damit eine „Brückentechnologie“ zum Energieträger der „Zukunft“. Investitionen in Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Netzausbau werden höchstens bei einem Wahlsieg von Obama weitergeführt, wenn auch in beschränktem Umfang. Für Deutschland bedeutet dies vor allem zwei Dinge: 1. Der amerikanische Exportmarkt wird weniger attraktiv und 2. sind von den USA zumindest im Bereich der Erneuerbare Energien wenig Impulse und Konkurrenz zu erwarten. Der Amerikanische Windenergieverband (AWEA) beklagte im August bereits reihenweise Entlassungen seiner Mitgliedsunternehmungen aufgrund der Verunsicherung, ob die Steuervergünstigung für die Branche nach der Wahl weitergeführt wird oder nicht. Nach Mitt Romneys Plan nicht.

Anatol Itten ist Junior Consultant im Bereich Public Affairs bei Ketchum Pleon in Berlin.

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