2012

Midterms // The Rent is 2 damn high in New York

Die Midterms stehen ja schon fast vor der Tür, am 2. November ist großer Wahltag in den USA. Dann wird über alle 435 Sitze im House of Representatives, 37 der 100 Sitze im Senat und zusätzlich 37 Governorsposten abgestimmt. Für die Demokraten steht viel auf dem Spiel: Auch nach den letzten Umfragen drohen sie die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses zu verlieren.

Zeit, sich einige der Rennen einmal genauer anzugucken. Da ich seit knapp einer Woche in New York weile, beissen wir doch gleich mal kräftig in den Big Apple rein. Denn hier wird seit Wochen ein aus der Distanz doch sehr lustiges Kasperletheater aufgeführt. In den Hauptrollen: Andrew Cuomo (D), New Yorks State Attorney General (also sowas wie der Justizsenator) und Carl Paladino, der lokale Tea Party-Champion, ein Immobilienentwickler aus Buffalo, der mit allerhand lustigen Einfällen, die ihm anscheinend die Gagschreiber der Daily Show heimlich zustecken, ordentlich Dampf ins Rennen bringt.

Nach einigem Wahlkampfgeschrei in den letzten Wochen kam es gestern zum Showdown bei der 1. Debatte aller Kandidaten für den Governorsposten des Staates New York. Auf der Bühne: die beiden Streithähne Cuomo und Paladino, die sich so sehr mögen, dass Security Guards für alle Fälle bereit standen, um die beiden wenn nötig zu trennen. Damit hat die Politik endlich fast das Niveau von Larry Springer erreicht (übrigens ein absolutes Highlight der amerikanischen Unterhaltungskultur). Dazu Howie „The Green Hornet“ Hawkins von den Grünen, der Ex-Black Panther Charles Barron (Freedom Party), Warren Redlich von der Libertarian Party (die überall antreten, auch gern als Republikaner, Ron Paul gut finden und die Tradition schlechter Wahlwerbespots zu perfektionieren versuchen), der Geheimfavorit Jimmy McMillan von der Rent is 2 Damn High Party (der müsste eigentlich in allen Umfragen führen, was geht denn, New York?), sowie Kristin Davis, die als Undercover-Politikerin (dafür hat sie extra einen Callgirl-Ring aufgebaut!) schon Eliot Spitzer zu Fall gebracht hat und damit quasi eigentlich fast so ziemlich ein Anrecht auf den Governeursposten hat. Außerdem will sie New York Prostitution und Mariuhana bringen (politische Insider behaupten aber, dass es das schon längst gebe) und hat Unterstützung von keinem gerigeren als 50 Cent. Insgesamt also ein recht interessanter Kreis, der sich vor keinem Bundestagswahlkampf in Cloppenburg verstecken muss. Ein Runde, wie sie sich Olli Geissen in seinen feuchten Talkshowträumen nicht besser ausdenken könnte.

Und unterhaltsam war sie, die Debatte. Aber obwohl McMillan mit komplexen Antworten glänzte (Zur Schwulenehe: „Rent Too Damn High Party feels if you wanna marry a shoe, I’ll marry it.“), obwohl Davis so gut es ging mit ihrem 80.000-Mal operiertem Gesicht in die Kamera grinste und gekonnt vom Blatt ablas, obwohl Redlich bekannte, dass er keine Callgirls kennt – die Debatte war auch völlig überflüssig. Die beiden eigentlichen Kandidaten, um die es ging (denn im Zweiparteiensystem mit „Winner takes“ all“-Wahlen haben 3rd Party-Kandidaten leider fast überhaupt nie eine Chance) konnten sich entspannt zurücklehnen. Cuomo lachte vor sich hin. Und die brenzligste Situation für Paladino war noch, dass er sich während der Closing Statements auf die Herrentoilette verziehen wollte und beinah den Weg nicht gefunden hat.

Das wäre für ihn ein würdiger Abgang gewesen. Aber man hätte sich schon gewünscht, dass sich die Kandidaten hätten gegenseitig befragen dürfen, und das vor allem Paladino, der nachher zugab, gar nicht so genau bei den anderen Kandidaten hingehört zu haben, so von den Moderatoren und Cuomo ein bisschen gegrillt hätte werden können. Denn ist einer der typischen, substanzlosen Tea Party-Kandidaten, die mit hohlen „Restore America“-Phrasen durch die Gegend ziehen, zumeist ohne jegliche inhaltliche Substanz. Paladino ist dann auch bisher hauptsächlich durch seine Hetze gegen Homosexuelle und das Versenden von rassistischen und tierpornografischen Emails gemacht. Naja, Restore America halt.

Mit einem Kandidaten wie Paladino manövriert sich die GOP in New York aber noch weiter ins Abseits, als sie eigentlich schon ist. Er liegt in Umfragen mittlerweile deutlich hinter Cuomo zurück. Denn selbst die Republikaner wollten ihn eigentlich nicht, aber auch in New York konnten sich die lautstarken Tea Party-Unterstützer gegen den Kandidaten des republikanischen Establishments durchgesetzen und eben Paladino auf den Kandidatenthron hieven. Auf jeden Fall hat Cuomo, falls er nicht auch wie Spitzer noch über ein Callgirl stolpert, das Rennen schon gewonnen. Und vielleicht kann Jimmy McMillan ja auch noch Paladino überflügeln. Denn die Mieten in New York sind wirklich viel zu hoch.

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