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Erste Impressionen aus Washington

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Auch wenn der Wahlkampf zwischen McCain und Obama neben der Finanzkrise die Tagesagenda beherrscht – die Hauptstadt ist relativ ruhig. Natürlich schnappt man in den Gesprächen der unzähligen Staffer, die einheitlich in Hemd und Khakihose oder Rock an einem vorbeischlendern (hier herrscht keine Eile), immer wieder Wortfetzen auf, die mit der bevorstehenden Wahl oder dem letzten Rededuell zu tun haben. Natürlich finden auch ein paar Fundraiser statt und das ein oder andere Auto schmückt sich mit einem Bumper Sticker.

Doch verwunderlich sind Unaufgeregtheit und Ruhe nicht. Die drei Stimmen des District sind den Demokraten so sicher wie das Amen in der Kirche in Kentucky. Seit 1984 hat keiner der demokratischen Präsidentschaftskandidaten weniger als 80% der Stimmen bekommen (und 1980 hat es Jimmy Carter immerhin auch auf 75% gebracht). In der letzten Wahl brachte es John Kerry sogar auf 89,5% der Stimmen. Und auch Obama führt in allen Umfragen mit ähnlichen Werten. Im amerikanischen Winnter-Takes-All System lohnt es sich daher für keinen der beiden Kandidaten, in Washington auch nur einen Penny für den Wahlkampf auszugeben. Spenden sammeln – bitte schön! Aber Geld oder Ressourcen verschwenden – nein danke. Die Obama-Anhänger aus Washington D.C. verbringen ihre Zeit dann vor allem auch damit, im benachbarten und heiß umkämpften Virginia an Türen zu klopfen.

Ein paar Anzeichen gibt es aber dennoch: Vor dem Weißen Haus spaziert ein als Uncle Sam verkleideter älterer Herr mit „Vote Obama“-Plakat umher und lässt sich bereitwillig mit allen Touristen fotografieren. Ein Zeichen für die tieferen Spannungen in der amerikanischen Gesellschaft sind aber die christlichen Abtreibungsgegner, die gegen Roe v. Wade protestieren. Sie stehen jeden Tag stumm betend mit einem „Life“-Pflaster über dem Mund vor dem Supreme Court. Auch am Kongress haben sich die Evangelikalen positioniert und ein großes Kreuz vor dem Capitol Hill aufgebaut. Nur will dem Prediger partout niemand zuhören. Ein paar Leute machen Fotos. Und die beiden einzigen Zuhörer auf den aufgebauten Stuhlreihen treten zur Bühne und greifenzur Gitarre, um Erweckungslieder anzustimmen.

Washington ist vor der Wahl einfach sehr ruhig.

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