Obama

McCain auf der Siegerstraße

Die Amerikaner haben es nicht leicht. Am 4. November haben sie die Wahl zwischen einem militanten Opa und einem noch grünen Schaumschläger, die sich auf das Amt des 44. Präsidenten der USA bewerben. Keine leichte Wahl.

Derzeit sieht es so aus, als würde John McCain, der militante Opa, das Rennen machen. In vielen der noch untentschiedenen, sog. Swing-States scheinen die Wähler zu ihm zu tendieren. Woran liegt das? Natürlich an der Wahl von Sarah Palin zur VP-Kandidatin. Man kann von ihr halten, was man will. Fakt ist, dass sich mit diesem Schachzug McCain erstmals die Hoheit über das kommunikative Agenda-Setting gesichert hat. Obama findet fast nur noch in Bezug auf McCain statt und verschwindet so langsam als eigenständiges Thema.

Auch die Wirtschaftslage und Finanzkrise in den USA spielen in McCains Tasche. Obgleich man seine Partei für die schlechte Lage mitverantwortlich macht, bleibt McCains Image davon unberührt. Warum? Weil McCain paradoxerweise zugleich für Stabilität und für „Change“ stehen kann. „Change“ repräsentiert er, weil er trotz seiner langjährigen Senatszugehörigkeit immer noch als outlaw im Hinblick auf die etablierte politische Elite in Washington gilt. Stabilität verkörpert er allein aufgrund seiner persönlichen Geschichte. Die Menschen kennen ihn. Sie wissen, mit wem sie es bei McCain zu tun haben, wie er agiert und sich aufstellt, was für Kompetenzen er hat und wo er schwach ist.

Genau das ist das Problem bei Obama. Die Menschen kennen ihn nicht. Insbesondere die Leute zwischen den Küsten fragen sich, wer oder was ist dieser Mann? Natürlich kennt jeder seine biographischen Daten. Aber es gibt keine Story, der Mann ist nicht einschätzbar, er ist ein unbeschriebenes Blatt.

Gerade in wirtschaftlich und außenpolitisch unklaren Zeiten verunsichert so etwas die Wähler eher. Ein Visionär ist gut – aber Luxus. Man muss sich Visionen leisten können. In den frühen 1960er Jahren funktionierte das: die Nachkriegswirtschaft in den USA boomte, die weiße bürgerliche Kernfamilie war intakt, es gab so etwas wie eine gesellschaftliche „Mitte“. Leichtes Spiel also für jemanden, der Visionen versprach, wie der damalige Präsidentschaftskandidat John F. Kennedy. Visionen versprechen einfach einen gewissen Unterhaltungswert.

Jedoch in Zeiten von Bankenpleiten wie Fanny Mae und Freddie Mac, von sinkenden Immobilienwerten, steigenden Privatinsolvenzen und Arbeitslosenzahlen und der ständigen Gefahr des „unsichtbaren Feindes“ (Terrorismus) ist den meisten Amerikanern das eigene Hemd näher als jegliche Vision. Man lässt in solchen Zeiten keinen Mann ans Ruder, bei dem man nicht sicher sein kann, ob er im Zweifelsfall das Brems- vom Gaspedal unterscheiden kann. Den man nicht kennt. Nicht einschätzen kann. Mit dem man nicht über einige Jahre bereits sozialisiert wurde. Obama eben. Und darum sind McCain und Palin auf der Siegerstraße.

0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert