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Die Evolution des Rick Perry

Es war einmal in einem fernen Land, weitab von unserer Zeit, da lebte vor langer Zeit ein junger aufstrebender Politiker mit tollen Haaren. Dieser fesche, junge, unschuldige Geist untersützte damals einen ebenfalls jungen Senator aus Tennesse bei seinem Versuch, die Nominierung der demokratischen Partei für das Weiße Haus zu erkämpfen.

Der junge Senator mit präsidiellen Ambitionen war Al Gore, der Science-Nerd unter den Politikern. Sein Mitstreiter mit den tollen Haare führte 1988 die Vorwahlkampagne in Texas. Sein Name war Rick Perry. Rick Perry? OMG! Rick Perry war ein Demokrat, ein enger Vertrauter von Al Gore? Bei dieser Nachricht fällt sicherlich geschätzen 3 Millionen Frauen zwischen Alabama und Idaho die Teetasse (wahlweise: Diet Coke) aus der Hand. Wie konnte er nur? Al Gore, das ist doch dieser Mensch, der das Internet erfunden hat und schon damals an den Klimawandel glaubte und vor dem Treibhaus-Effekt warnte.

Mehr als zwei Jahrzehnte später liegt der geläuterte Republikaner Perry an der Spitze der republikanischen Hoffnungsträger. Was ist in der Zwischenzeit passiert? Laut Perry hat sich zwischen ihm und Gore seit 1988 halt einiges getan:

“I certainly got religion. I think he’s gone to hell.”

Aha. Das ist also ganz einfach. Perry hat die Religion für sich entdeckt, die Wissenschaft, nun, die kann zur Hölle fahren. Denn damit lässt sich ja kein Wahlkampf gewinnen, mit Sachen, die ja niemand richtig versteht. Der Klimawandel?

„I’ve heard Al Gore talk about man-made global warming so much that I’m starting to think that his mouth is the leading source of all that supposedly deadly carbon dioxide.“

Soweit zum Klimawandel. Erledigt. Keiner Diskussion wert. Amen.

Nun wurde Perry vor kurzem von einem Neunjährigen gefragt, was er zum Thema Evolution zu sagen hat. Evolution, Darwinismus, Kreationismus, Intelligent Design – in den Vereinigten Staaten schwappt der Kulturkampf (und hier benutze ich dieses Wort mal bewusst) um Darwin’s Evolutionstheorie seit den „Monkey Trials“ im Tennessee der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts immer wieder an die Oberfläche. Es gibt eigentlich immer einen Staat oder klagende Eltern, Schoolboards und dergleichen, die die Evolutionstherorie aus dem Curriculum verbannen wollen. Da das jedoch nicht geht, versuchen sie dann zumindest „gleichwertige, wissenschaftliche“ Theorien wie die vom Intelligent Design im Klassenzimmer zu platzieren. Wie beim Karneval: als Wissenschaft verkleidet. Und Intelligent Design ist maskierter Kreationismus.

Zurück zu Perry. Seine Antwort auf die Frage des kleinen Jungen:

„I hear your mom was asking about evolution and, you know, it’s a theory that’s out there. It’s got some gaps in it, but in Texas we teach both creationism and evolution in our public schools, because I figure you’re smart enough to figure out which one is right.“

Nebenbei behauptete Perry dann auch noch, dass in Texas daher Evolution und Kreationismus gleichberechtigt in der Schule gelehrt werden (Kreationismus ist die hochwissenschaftliche Theorie, dass die Erde so ungefähr 10.000 Jahre alt ist und der Schöpfungsprozess ungefähr genauso wie in der Bibel abgelaufen ist. Natürlich hat auch diese Theorie ein paar kleine Lückchen, ist aber – wissenschaftlich – total fundiert. Also eher Fakt. Punkt.). Das wiederum hat sicher den ein oder anderen Biologielehrer in Texas vor Schreck das Gerstengras-Extrakt aus der Hand geschlagen. Ist aber falsch, Perry kennt sich da anscheinend nicht richtig aus. Oder es war ein Freud’scher Versprecher. Das wäre zumindest meine Theorie.

Rick Perry erinnert mich ja immer irgendwie an Jefferson, den ewig grinsenden, stets gut frisierten Freund der Nachbarin Marcy. Substanz: Wenig bis keine. Die Hauptsache ist doch, bei den Nachbarn gut anzukommen. Daher liegt er mit seiner Antwort auf die Frage des kleinen Jungen politisch auch genau bei seiner Wählerschaft. Denn nur knapp 40 Prozent der Amerikaner „glauben“ (ja, so wurde die Frage leider gestellt) an die Evolution im Sinne von Darwin. Das ist keine Theorie von mir, sondern basiert auf einer Gallup-Umfrage aus dem Jahr 2009. Bei Kirchgängern und Republikanern verschlechtern sich die Werte laut Gallup noch einmal immens: 74 Prozent der wöchentlichen Kirchgänger „glauben“ nicht an die Evolutionstheorie, 68 Prozent der Republikaner zweifeln sie ebenfalls an. Denn es ist ja schließlich nur so eine Theorie „that’s out there.“

Bachmann, Paul und Palin finden das übrigens auch, während Gingrich und Romney bei diesen Thema noch ein bisschen rumeiern und erstmal beides glauben, um niemanden zu verschrecken. Ist ja auch ein delikates Thema, daher heißt die Devise erstmal: Stillhalten. Der einzige GOP-Politiker mit aktuellen Ambitione, der dazu eine eindeutige Aussage traf, war Jon Huntsman, der folgendes twitterte:

„To be clear. I believe in evolution and trust scientists on global warming. Call me crazy.“

Der Kampf „Science vs. the Republican Party“ hat auf jeden Fall noch viele Runden vor sich.

1 Kommentar

  1. Pingback: RSS-Reader-Roundup | 6. September 2011 | Bastian Dietz

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